Marc Beyeler über sein Leben in der SEEBURG

Bulletin März 2021 1/2

Wie ist Ihr Leben nach der Lehre als Strassenbauer verlaufen?
Ich kämpfte schon während der Lehre mit Alkoholproblemen, die sich auf meine Psyche und auf den Körper ausgewirkt haben. Nach der Lehre habe ich bei verschiedenen Firmen zwei Jahre temporär gearbeitet. Leider wurde mein Arbeitstempo krankheitsbedingt immer langsamer. Dazu kamen verschiedene Vorfälle, die wiederholt zur Kündigung führten. Ich war dann länger arbeitslos und wohnte vorüber-gehend in einem Betreuten Wohnen in Thun. Während eines 6-monatigen Alkoholentzugs in einer Klink wurde ich von einem Betreuer auf die SEEBURG aufmerksam gemacht.

Sie haben immer im SCHLÖSSLI gewohnt? Wie gefällt es Ihnen?
Ich wohne inzwischen 12 Jahre da und es gefällt mir gut. Im Zimmer habe ich meine Ruhe, was mir sehr wichtig ist. Nach einem langen Arbeitstag bin ich abends müde und meide den allgemeinen «Rummel». Ich nehme eine Dusche auf meinem Zimmer, gehe rasch runter fürs Essen und dann am liebsten ins Bett. Ich spreche noch ein wenig mit meiner Freundin via Facetime und schlafe meistens zeitig ein.

Haben Sie Pflichten oder Ämtli?
Wir alle müssen verschiedene Ämtli übernehmen, z. B. Kochen, Essen schöpfen oder Abwaschen. Unsere Etage muss immer Donnerstags die Zimmer putzen. Einmal pro Woche habe ich ein Gespräch mit Thomas Schiely, er ist meine Bezugs- und Vertrauensperson im SCHLÖSSLI.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Die Arbeit in der Räumungsabteilung ist sehr abwechslungsreich und findet draussen statt. Wir sind viel in Grindelwald, Meiringen, Spiez und Thun unterwegs. Bei Räumungen werden die meisten Materialien direkt vor Ort aussortiert und dann via AVAG entsorgt. Gute Sachen geben wir in der BROCKI ab. Alte Schränke beispielsweise, die von unseren Schreinern oder Malern «aufgemotzt» werden können. Weiter montieren oder demontieren wir Möbel, übernehmen Umzüge und liefern Waren aus, die von Kunden im BÖDELI CENTER gekauft wurden.

Was machen Sie sonst noch während der Arbeit?
Ich stehe ab und zu an der Pressmaschine in der Recycling-Abteilung. Täglich pressen wir hier einen Ballen aus 500 kg Karton, den wir bei beo recycling Interlaken abliefern. Im Recycling bereiten wir auch Möbel auf und bringen sie in die BROCKI, wir sortieren und reinigen viele Gegenstände und ich helfe beim Reinigen unserer Autos mit.

Wie sieht es mit dem Mittagessen aus?
Ich esse meistens im TOPOFF Restaurant. Das gehört zur SEEBURG und wird derzeit als Kantine für Mitarbeitende und Klienten genutzt. Wenn wir weiter weg sind, kaufen wir in einem COOP etwas ein und verpflegen uns «aus dem Rucksack».

Bemerkenswert finden wir, dass Sie selten bis nie auf der Arbeit fehlen.
Das hängt sicher damit zusammen, dass ich früh einschlafe. Ich arbeite 40 Stunden pro Woche und fahre jeden Tag mit dem Fahrrad von Wilderswil nach Interlaken zur Arbeit. In den letzten Monaten hat es ein wenig «angehängt». Vielleicht muss ich mein Pensum etwas reduzieren. Wir werden an meinem nächsten Standortgespräch darüber sprechen.

Wer ist bei diesen Standortgesprächen mit dabei?
Mario Füssler (mein Chef auf der Arbeit), Thomas Schiely, die Wohnbereichsleiterin Christine Zahnd und meine Beiständin.

Marc Beyeler

Marc Beyeler ist 40-jährig, in Thun aufgewachsen und hat eine Lehre als Strassenbauer absolviert. Er wohnt seit 2009 im Wohnbereich SCHLÖSSLI in Wilderswil und arbeitet ebenso lange in der Räumungsabteilung der BÖDELI BROCKI.

Der Aufenthalt im SCHLÖSSLI wird durch die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirek-tion (GSI) des Kantons Bern mitfinanziert. Marc verfügt über ein monatliches Budget von 300.– Franken für persönliche Ausgaben. Der Betrag wird aufgeteilt in verschiedene Couverts, z. B. 80.– Franken für Kleider oder 20.– Franken für Hygieneartikel. Durch seine Arbeit kann er sich ein Sackgeld dazu verdienen, das er für Projekte wie z. B. ein neues Velo oder Ferien mit seiner Freundin spart. Das Geld wird von seiner Beiständin verwaltet.

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